T&T

Talent versus Training

Saisonabschluss Basler Stadtlauf

Die Temperaturen sind um den Gefrierpunkt, ein kühler Wind weht und schon um 6 Uhr ist es dunkel. Keine idealen Bedingungen, aber hier scheiden sich die Geister. Der Fitness-und "Abnehm"jogger verabschiedet sich in die Winterferien und holt seine Laufschuhe erst wieder im Frühling aus dem Schrank, wenn es gilt sich dem Winterspeck zu entledigen. Dem angefressene Läufer hingegen macht das nichts aus. Für ihn beginnt jetzt die Grundsteinlegung für einen erfolgreichen Frühling. In der zwischenzeit können die zahlreichen Weihnachtsläufe wie der obligatorische Basler Stadtlauf oder Zürcher Silvesterlauf absolviert werden. Meist kurze Strecken in schöner Beleuchtung in der Stadt. So war auch für mich dieses Jahr zum dritten Mal der Basler Stadtlauf der Abschluss für das Jahr. Diesmal allerdings unter anderen Vorzeichen. Zusammen mit der Familie kreierten wir ein Special Shirt "Team Keller" mit dem wir liefen. Die Mama in der Kategorie F40 und ich zusammen mit dem Bruder in der Kategorie M20 bzw. U20. Das war ein sehr spezieller Anlass, den es war der erste Lauf für Sandro. Normalerweise läuft er nicht, sondern spielt bei Lok Reinach Unihockey. Das heisst fit genug war er, dass er eine gute Grundschnelligkeit hat wussten wir schon vorher. Nicht einfach so ist im Vereinsheft im Team unter der Sparte "läuferisch stärkster Spieler" sein Name gelistet. Und 5km sind auch für ihn problemlos machbar.

Team Keller

So war es mir ein Vergnügen diesen Basler Stadtlauf zusammen mit Sandro zu laufe. Nicht als Pacemaker, sondern einfach als Unterstützung, wenn es zum zweiten Mal die Wettsteinbrücke hinaufgeht. Vor dem Start war er noch ziemlich aufgeregt. Angemeldet waren wir für 21min für die 5.5km lange Strecke. Das war eine realistische Zeit und wir waren gut eingereiht. "Ich laufe 3.30 pro Kilometer, scheissegal wie laut ich schnaufe" hat er am Vortag noch gemeint. Und ich habe geantwortet "Ja, ja, sehen wir dann. Nachher gehen wir auf den Weihnachtsmarkt und es gibt einen Glühwein." - "Ich nehme nur Bier" hat er gemeint. Ich hatte ihn gewarnt, ja nicht zu schnell zu starten. Jedoch hat er meine Warnungen ignoriert und im Zickzackkurs Leute überholt. Zum Glück war danach die Puste noch nicht draussen und er hat es tapfer bis ins Ziel geschafft. Mit 20 Minuten und  3 Sekunden hat er meine Einschätzungen völlig übertroffen und der 13.Platz von 76 Gestarteten in der Kategorie Männer U20 lässt sich sehen!

Am nächsten Tag galt es ernst, er hatte Match. Die Waden waren noch leicht verhärtet, aber Indianer kennen keinen Schmerz. So kam er seiner Aufgabe als Stürmer trotzdem nach und scorte dreimal, auch wenn das Spiel 5:6 verloren ging.

Ohne spezifisches Training

Viele Läufer, die leidenschaftlich trainieren, können von einer solchen Zeit nur träumen. Das veranlasste mich die Frage zu stellen, wieviel von den Leistungen eigentlich Talent ist und wieviel Training? Wenn wir den Status Quo auseinanderbrechen und sagen x Prozent ist Training und y Prozent ist "naturgegeben".

Sicherlich, wenn ich mich bei meinen Verwandten umschaue, haben wir gute Gene bekommen. Alle sind schlank (das heisst sie können essen was sie wollen) und viele sind auch sportlich. Aber um ganz vorne dabei zu sein oder auch nur im ersten Zehntel reicht Talent alleine kaum aus. Klar gibt es solche Ausnahmen. Aber das sind Leute, die MIT Training die nationalen Bestzeiten und Weltrekorde von morgen brechen.

Meiner Ansicht nach sollte der Fokus nicht auf dem eigentlichen Talent liegen, sondern im Potenzial. Jede/r hat seine persönlichen gesundheitlichen, physiologischen und genetischen Voraussetzungen (was auch Alter, Geschlecht, Gewicht beinhaltet). Basierend auf diesen kann er/sie sich verbessern und wird schneller, ausdauernder, etc. falls das überhaupt das Ziel ist.

Interessant ist jetzt der Gedanke, wie gross dieses Potenzial ist, das in jedem schlummert. Wie schaut also die Zukunft aus, was wäre möglich, was nicht? Sicherlich ist das Potential kaum zu fassen. Generell kann nur gesagt werden, dass jemand, der schon an der Grenze des körperlich und geistig Machbaren trainiert, sein Potenzial wahrscheinlich schon ausgereizt hat. Deshalb freut sich ein 2h10min Marathonläufer riesig, wenn er 1min schneller ist. Hingegen kann dies für einen 4h Marathonläufer kaum befriedigend sein. Dieses Prinzip ist unabhängig wie gut jemand ist als "Diminishing Returns" bekannt. Was bedeutet, das beispielsweise eine jeweilige Verdoppelung des Trainingsvolumen immer marginalere Fortschritte mit sich bringt. Irgendwann ist der Grenzbereich erreicht und die "Kosten" bzw. der Aufwand wird zu gross im Vergleich zum eigentlichen Ertrag.

An diesem Punkt bin ich (noch) lange nicht. Aber natürlich darf ich nicht die gleich grossen Fortschritte erwarten. Zusammenfassend kann wohl gesagt werden, dass vor allem im trainingsintensiven Laufsport (Marathon, Ultraläufe etc.) und für vordere Platzierungen im kompetitiven Umfeld (Leichtathletik) Talent alleine kaum ausreicht.

Rückblick 2016

Ich freue mich, in meinem nächsten Eintrag einen Rückblick zu wagen:

 

-Meine Erlebnisse in diesem ereignisreichen Jahr

 

-Die Laufkilometer und Zahlen

 

-Ausblick und Rückschlüsse für das neue Jahr