Abenteuer Kasan Marathon

Vorgeschichte: Plan A,B,C
Was wäre wenn...? Das frage ich mich oft. Wenn ich mich im 2019 nicht verletzt hätte und den Zürich Marathon gelaufen wäre? Wenn ich mich damals nicht entschieden hätte mit dem Laufen anzufangen? Es gibt viele wenn's, aber schlussendlich ist es immer gut so wie es kommt und man kann es annehmen und das Beste daraus machen. Seit Dezember war klar, dass nach so langer Zeit endlich wieder ein Marathon finishen, ein grosses Ziel ist. Wer mich kennt weiss, natürlich nicht irgendwie finishen, ich habe klare Vorstellungen, schliesslich haben wir uns die letzten Jahre auch weiterentwickelt. Da ich eben 2019 den Zürich Marathon laufen wollte, aber nicht konnte und 2020 schon im Voraus auf die Bahn gesetzt habe, war es an der Zeit es im 2021 wieder beim Zürich Marathon zu versuchen. Bei der derzeitigen Situation wären Marathons im Inland von Vorteil. Ein weitere Pluspunkt: Der Zürich Marathon ist schnell und er war als Schweizermeisterschaft ausgeschrieben. Zudem war er als einer der wenigen Marathons noch nicht abgesagt.
Vom Dezember bis in den Februar änderte sich die Situation. Es war klar, dass es auch eines Plan B und C bedurfte. Plan B, war ein anderer Marathon, nur wo? Der einzige andere in der Marathon in der Schweiz (Belp, 14. März) war für die Profis zum Erreichen der Olympialimite reserviert. Andere Marathons mit Normen z.b. Dresden , ebenfalls im März auch noch zu früh und wegen Quarantäne nicht möglich, oder unklar. Ich studierte die Einreisemöglichkeiten in andere Länder und fand heraus, dass in Russland für Schweizer die Einreise seit August mit einem negativen PCR-Test möglich ist. Zudem fanden dort im Herbst wieder Marathons statt, so auch der verschobene Kasan-Marathon im 2020. In der Schweiz hingegen und überall sonst in Europa, wurden die Marathons abgesagt (Lausanne Marathon, 1 Tag vorher!, Valencia) oder gar nicht erst durchgeführt (Luzern, Berlin, Frankfurt etc.).
Die Grundlagen im Winter gelegt

Trotz Wochen mit viel Schnee, konnte ich gut trainieren und fand stets die Motivation. Das Ziel war eine gute Basis für einen Marathon, im Idealfall als Wettkampf, zu legen. Falls nicht hätte ich eine gute Basis für eventuelle spätere Rennen im Sommer (d.h. nochmals Bahn). Seit Dezember konnte ich immer zwichen 80-120km laufen, je nach Bedingungen. Nach Bekanntgabe der Absage des Crosslauf-SM und allen weiteren Wettkämpfen, sowie des Gruppentrainings konnten wir uns vollumfänglich dem individuellen Training widmen. Nach mehr Cross-spezifischem Training im Dezember, mit der Kraftkomponente im Gelände, aber auch im VO2max-Bereich, sehr abwechlungsreich, wechselte das Training von Sämi im Januar in die fundamentale Periode in der Marathonvorbereitung.
Neben weiterhin 2x Krafttrainings pro Woche und einer Alternativeinheit, zumeist Aquajogging, gab es einige Schlüsseleinheiten. An diese konnte ich mich herantasten und sie sassen gegen Anfang Februar. Das waren zum einen längere Crescendoläufe, zum heranführen an das Marathontempo. Zum anderen, ein Fahrtspiel von 20x 1min schnell mit 1min Erholung auf der Strasse. Die Erholung war nur so langsam, dass es wieder reichte, sich für die nächste schnelle Minute zu erholen. Dieses Training ist hocheffektiv um die Laktatschwelle zu senken und gleichzeitig die Ermüdungsresistenz zu erhöhen. Durch hohe Intensität und Dauer, reichte es dieses Training alle 2-3 Wochen zu wiederholen und es muss auch genügend Erholung eingeplannt werden. Diese wurde von Mal zu Mal besser. Weiterhin wurden am Wochenende die Long Runs bezüglich Länge und Tempo kontinuierlich gesteigert von ursprünglich 24km auf 30km am Schluss. Zur Heranführung an Marathontempo und Bahn diente auch 8x 1000m auf der Bahn in anfänglich lockeren 3:25 zum gewöhnen an die Bahn und ein mögliches Marathontempo (je nach Witterungsmöglichkeit teilweise auch auf Schnee), zum Schluss auf 10x 1000m mit einem Tempo von 3:10-3:05. Erfreulicherweise wurden auch die Dauerläufe beim Aufbau einer aeroben Basis deutlich schneller und vom Gefühl her locker, was auch die Herzfrequenz so bestätigte. Hier lief ich ein breites Spektrum im Bereich einer Pace von 3:45-4:50 min/km und einer Streckenlänge von 7-20km. Alle zwei Wochen, legte ich eine ruhigere Woche ein, in welcher der Umfang deutlich sank (ca. 30%), es aber trotzdem noch qualitative Reize gab. Dies zur Verletzungsprävention und zur Erholung. Zur Erholung dienten warme Bäder, Faszienmassage mit der Blackroll und alle 2 Wochen eine Massage von Ruth. Da die Trainingstage recht anspruchsvoll gestaltet waren, konnte ich je nach Gefühl zusätzlich einen "Jokertag" beziehen, der jeweils ein langsames Footing war. Dies klappte jeweils sehr gut und ich konnte kontinuierlich und ohne Krankheit drannbleiben.
Spezifische Vorbereitung

Die spezifische Vorbereitung ist für einen Marathon Ende Frühling ausgelegt. Nun werde ich nach Russland gehen, wäre hätte das vor einem Jahr gedacht?
Natürlich bleibt ein Schlüsselelement der Lange Lauf. Da ich diesen "hart" laufe und sowieso weiter Trainings im Bereich von 20-30km habe, oder auch Doppeltrainings, reicht ein Long Run alle zwei Wochen völlig aus. Der Long Run wird jetzt vor allem von der Distanz von 30 auf 40km gesteigert, mit einigen Kilometern im möglichen Marathontempo zum Schluss. Erfreulicherweise laufe ich bereits jetzt im Durchschnitt dieses langen Läufe an oder nahe an meiner bisherigenMarathonpace. Natürlich fehlen jetzt schon lange die Wettkämpfe, trotzdem kann ich aus den Trainingsleistungen ein guten Überblick über den Formstand ziehen.
Eine weiter Schlüsseleinheit ist ein Tempolauf. Beim 4-1-1 laufe ich 4km im Marathontempo, 1km ca. 10s langsamer und 1km ca. 15s schneller. Das habe ich bereits von zwei auf drei Wiederholungen ausgebaut und ist ebenfalls wichtig um Tempogefühl und Durchaltevermögen zu lernen. Durch die abwelchselnden Tempi, schleicht sich keine Montonie ein, die Kilometer vergehen wie im Flug und es trainiert die Ökonomsierung in dem Tempobereich.
Weiterhin mache ich auch ca. alle zwei Wochen ein Bahntraining von insgesamt fast 12km mit relative langen Pausen (3000/2x2000/3x1000/4x400). Hier laufe ich an der Laktatschwelle und im VO2max-Bereich und dank der Basis kann ich auch hier für meine Verhältnisse relativ flott laufen. Neben den ca. 2 hier geschilderten Schlüsseltrainings, sind auch die Grundlagenläufe in verschiedenen Tempi von hoher Wichtigkeit. Denn für den Marathon muss vor allem der Umfang stimmen. Hier muss ich noch daran arbeiten, weil durch falsche Kombination kann sich schnell einmal hartnäckige Müdigkeit akkumulieren, wie ich letzte Woche erfahren konnte.
Zusätzlich speziell sind die Sprints, welche ich einmal pro Woche ans Ende eines lockeren Laufes anhänge. Diese sind natürlich kurz (15 Sekunden) und erfolgen in vollständiger Erholung. Sie dienen zur Aktivierung der sonst sträflichst vernachlässigten fast-twitch Muskulatur und müssen sehr konzentriert ausgeführt werden. Es sind die neuromuskulären Verbindungen welche hier gefordert sind an der maximalen Kraft, sie beeinflussen das ansonstige Marathontraining kaum.
Da momentan immer noch alle Hallenbäder zu sind und es draussen zwischenzeitloch noch ewtas kalt war, habe ich mir ein Indoor Bike zugelegt. Damit kann ich einmal pro Woche eine alternative Einheit einlegen. Ich bin zuversichtlich, dass mit der Reise alles klappt und der Marathon auch stattfindet. Die Situation in Russland scheint relativ stabil. Wenn ich nicht krank werde, oder etwas komplett in die Hosen geht, bin ich mir sicher, ein sehr gutes Resultat bei meinem 3. Marathon am 2. Mai 2021 in Kasan erzielen zu können!
Ivo (Wednesday, 24 March 2021 01:11)
Wow cool. Alles gute bis dahin und natürlich dann viel Spass in Russia